Literatur: Gedichte

Sonstiges - Spiele - Spaß - Plaudereien
Alexia

Beitragvon Alexia » Mi 5. Jan 2005, 09:53

Einbildung


Ein Mensch hält sich, wie viele Männer,
Für einen großen Frauenkenner:


Nicht wegen allzu reicher Ernte -
Nein, weil er keine kennenlernte!

Eugen Roth

Gast

Beitragvon Gast » Fr 7. Jan 2005, 20:17

Der Zahnarzt

Nicht immer sind bequeme Stühle
Ein Ruheplatz für die Gefühle
Wir säßen lieber in den Nesseln
Als auf den wohlbekannten Sesseln.
Vor denen, sauber und vernickelt
Der Zahnarzt seine Kunst entwickelt.
Er lächelt ganz empörend herzlos
Und sagt, es sei fast beinah schmerzlos.
Doch leider, unterhalb der Plombe,
stößt er auf eine Katakombe.
Die, wie er mit dem Häkchen spürt.
In unbekannte Tiefen führt.
Behaglich schnurrend mit dem Rädchen
Dringt er bis zum Nervenfädchen.
Jetzt zeige, Mensch, den Seelenadel!
Der Zahnarzt prüft die feine Nadel.
Mit der er er alsbald dir beweist.
Das du voll Schmerz im Innern seist.
Du aber hast ihm zu beweisen,
Das du im Äußern fest wie Eisen.
Nachdem ihr dieses euch bewiesen,
Geht er daran, den Zahn zu schließen.
Hat er sein Werk mit Gold bekrönt,
Sind mit der Welt wir neu versöhnt
Und zeigen, noch im Aug die Träne,
Ihr furchtlos wiederum die Zähne:
Die wir - ein Prahlhans, wers verschweigt-
Dem Zahnarzt zitternd nur gezeigt.
Theodor Fontane

Alexia

Menschlichkeit

Beitragvon Alexia » Do 27. Jan 2005, 18:13

Flecke

Gott, voller Weisheit, hehr und mild,
schuf uns nach seinem Ebenbild.
Gewiß, wir Menschen sind gescheit,
doch wo ist unsre Menschlichkeit?
Erscheint uns jemand edel, groß,
so täuscht das: er verstellt sich bloß!
Erst wenn er Böses tut und spricht,
zeigt er sein wahres Angesicht! -
Um obiges nun zu beweisen,
laßt alphabetisch uns verreisen,
dann kann man sehn, was so geschah!
Wir fangen vorne an, bei A !!!

A (Amerika)

Amerika, du Land der Super-
lative und dort, wo James Cooper
zwar seinen "Lederstrumpf" verfaßte,
man aber die Indianer haßte,
weshalb man sie, halb ausgerottet,
in Reservaten eingemottet,
sich dafür aber Schwarze kaufte,
sie schlug und zur Belohnung taufte,
doch heute meidet wie die Pest,
sie aber für sich sterben läßt -
wie beispielgebend stehst du da
für Menschlichkeit! O USA!

B (Briten)

Jedoch auch sie, die vielen Briten,
die Schott- und Engländer, sie bieten
für unser Thema Menschlichkeit
so manchen Stoff seit alter Zeit!
Nur waren's statt Indianer Inder,
die sie ermordeten, auch Kinder;
und ähnlich Schreckliches erfuhren
danach die Iren und die Buren,
die man durch den Entzug des Fetts
verschmachten ließ in den Kazetts!
Jedoch bei Völkern, welche siegen,
wird sowas immer totgeschwiegen...

C (Christen)

Dann wäre da, bar jeden Ruhms,
so manche Tat des Christentums,
die, eben wegen seiner Lehre,
am besten unterblieben wäre!
Man denke da zum Beispiel an
Inquisition zuerst und dann
an Waffensegnung mit Gebeten,
um andre Gläubige zu töten!
Auch dieses: lieber Menschenmassen
verelenden und hungern lassen,
statt man Geburtenreglung übe -
auch das zeugt nicht von Menschenliebe!

D (Deutschland)

Nun: Wollt ihr, daß im Alphabet
es mit dem D jetzt weitergeht?
Ist es nicht besser, wenn ich ende?
Wascht nur in Unschuld eure Hände
und greift, kraft eigenen Ermessens,
zum güt'gen Handtuch des Vergessens ...

Doch hilft das Waschen nicht und Reiben:
Die Flecke bleiben!

Heinz Erhardt

Frosty
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Beitragvon Frosty » Do 31. Mär 2005, 12:37

[center]Der Mond in seiner goldenen Jacke,
versteckt sich hinter dem Wolken-Store.
Der Ärmste hat links eine dicke Backe
und kommt sich ein bißchen lächerlich vor.
Auch diesmal ist es dem März geglückt:
Er hat ihn in den April geschickt.


(Erich Kästner, 1899-1974)[/center]
René Frost
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Alexia

Beitragvon Alexia » Mo 11. Apr 2005, 14:17

Frühling läßt sein blaues Band

Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!

Eduard Mörike (1804-1875)

Kleriker

wir haben zwar schon april, aber's ist schön

Beitragvon Kleriker » So 17. Apr 2005, 15:25

[center]Theodor Fontane

Frühling

Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
"Er kam, er kam ja immer noch"
Die Bäume nicken sich's zu.

Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuß auf Schuß;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muß.

Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt; "Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai."

O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.[/center]


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