Volksabstimmung zur Flughafen-Tempelhof-Offenhaltung

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Frosty
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Volksabstimmung zur Flughafen-Tempelhof-Offenhaltung

Beitragvon Frosty » Sa 26. Apr 2008, 11:00

Morgen kann man nun Herrn ähm., wie heißt noch mal dieser unsympathische CDU-Provinzboss, achso ja, Pflüger, es schriftlich geben, daß ein Flughafen mitten in einer Stadt nichts zu suchen hat und so schnell wie möglich geschlossen gehört. Schlimm genug, daß man selbst den BBI direkt an den Standtrand gebaut hat anstatt ihn an einem besser geeigneten Standort zu errichten und ohne dafür Milliarden an Steuergeldern zu verbuddeln, aber nee, es reicht nicht, man muß nach Pflügers Willen auch noch die innerstädtischen Flughäfen krampfhaft am Leben erhalten. Dieser CDU-Wahlverlierer wohnt auch nicht in den Einflugschneisen dieser Flughäfen bzw. kann es sich leisten, mal eben umzuziehen daher ist es ihm natürlich egal, wie sehr Hunderttausende unter dem Fluglärm erheblich leiden und den möglichen sonstigen Risiken schutzlos ausgeliefert sind.

Um was es hier geht: Es geht praktisch nur um die Abstimmung darüber, ob man Tempelhof noch bis zur Eröffnung von BBI offenhält (also 3-4 Jahre oder wie lange auch immer man noch brauchen wird) und dann erst schließt. Vermutlich mit dem Hintergedanken, wenn vollendete Tatsachen in Schönefeld geschaffen wurden, Tempelhof weiterhin offen zu halten. Mal als Verkehrspflügerhafen oder mal als VIP-Flughafen, je nachdem, was man sich in CDU-Kreisen gerade ausdenkt. Dieser hochdefizitäre Flughafen, in dem schon dreistellige Millionenbeträge aus Steuerzahlertasche vorsätzlich vernichtet wurden kann aber rein rechtlich nach Abschluß der Baumaßnahmen in Schönefeld nicht mehr offen gehalten werden.

Zur Volksabstimmung an sich und hier im Besonderen: Es wird von beiden Seiten ein enormer finanzieller Aufwand für etwas getrieben, daß angeblich direkte Demokratie sein soll und doch keine verbindliche Wirkung hat und daher nur ein schlechter Witz ist. Es ist jetzt schon klar, daß Tempelhof unabhängig vom Wahlausgang dicht gemacht wird, weil diese Volksabstimmung praktisch kaum mehr als eine überdimensionale Meinungsumfrage ist. Die Stadt wird mit unzähligen hirnlosen, weil nichtssagenden, argumentationslosen Plakaten zugekleistert und das ganze Thema längst nur noch als Alibi genutzt, um auf den politischen Gegner anzugreifen. Zu allem Überfluß konnten es sich zum Ende hin auch einige Bundespolitiker nicht vernkneifen, ihren Parteigenossen unter die Arme zu greifen. Die wahlkampftaktischen Parteispielchen sind so armselig wie durchschaubar.

Es wäre sinnvoller gewesen, diese Umfrage dazu zu nutzen um die Berliner zu fragen, ob sie an echten Volksabstimmungen mit rechtlich bindender Wirkung interessiert sind und dieser Volkswillen dann auch gegebenenfalls in entsprechende Gesetzestexte zu gießen anstatt diese überflüssige Zirkusveranstaltung abzuhalten.
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Re: Volksabstimmung zur Flughafen-Tempelhof-Offenhaltung

Beitragvon Frosty » Mo 28. Apr 2008, 00:21

Manchmal bin ich stolz auf die Mehrheit der Berliner, so auch heute, wenn auch vornehmlich auf die Ostberliner, man möge mir bitte diesen Lokalpatriotismus aufgrund der Wahlergebnisse nachsehen.

Trotz eines gigantischen Werbebudgets inkl. sehr intensiven Unterstützung durch die Springerpresse und trotz der dreisten Lüge der ICAT im offiziellen Wahlprospekt in der, kaum zu glauben aber wahr, behauptet wird:

Wichtig das sollten Sie wissen:
Wenn Sie nicht wählen gehen, stimmen Sie automatisch mit Nein und somit gegen Tempelhof


ließ sich unter den Wahlgängern im Ostteil der Stadt nur eine Minderheit vom Nostalgiegequatsche und der Dauerreklame weich klopfen.

Schon aus diesem Grund ist eine Einschätzung der Wahlergebnisse ein Stück weit Kaffeesatzleserei. Nicht wenige werden allein schon wegen des o.g. Satzes nicht wählen gegangen sein, weil sie überzeugt waren, daß sie als Nein-Abstimmer sich den Gang ins Wahllokal sparen können. Dazu kamen dann noch Wowereits unglückliche Kommentare, daß er das Ergebnis der Volksabstimmung ignorieren wird noch hinzu. Ob das mehr Ja- oder Nein-Sager vom Gang ins Wahllokal abhielt, darüber läßt sich nur spekulieren. Aber ich nehme an, daß auch dies eher ein Glücksfall für Pflügers Truppe war, da sie so wenigstens einen Aufhänger hatten, an dem sich sich hochziehen konnten. Das erinnert ein wenig an das Kochsche Schmierentheater damals im Bundesrat, auch wenn es nicht ganz mithalten konnte.

Im Westteil der Stadt, und dort ganz besonders in den CDU Hochburgen Steglitz-Zehlendorf und Co. war man leider mehrheitlich geistig in der Nachkriegszeit der Berlin-Blockade gefangen ohne sich ausreichend auf die Gegenwart konzentrieren zu können.
Irritierend empfinde ich es, daß es in Tempelhof-Schöneberg eine Mehrheit für die Offenhaltung gab. Das mag zwar damit zusammenhängen, daß Tempelhof inzwischen kaum noch Flugbewegungen verzeichnet und Tempelhof auch sonst nichts zu bieten hat um sich in anderen Belangen positiv von anderen Bezirken nennenswert abzusetzen zu könne, also praktisch über kein Alleinstellungsmerkmal der positiven Art verfügt als dieses gigantische Gemäuer mit seiner Vergangenheit aber das alleine kann dieses seltsame Abstimmungsverhalten eigentlich nicht erklären. Anderfalls muß der dortige Lokalpatriotismus so dermaßen vom Flugbetrieb abhängen, daß es als unerklärliches Phänomen in die Bücher der Psychologie eingehen wird.

Das wäre vergleichbar damit, den Hauptmann von Köpenick zu einer so netten Person wie in Zuckmayer Darstellung zu erklären, obwohl er bei genauer Betrachtung nur ein kleiner mieser Krimminieller war. Nicht mehr und nicht weniger. Seine einizige positive Leistung ist sein touristischer Wert aufgrund seiner einzigartigen Geschichte die Köpenick berühmt gemacht hat. Die Ähnlichkeiten zu Tempelhof sind durchaus interessant. Man weiß, das es Mist ist, findests aber trotzdem ganz toll, weil man seinen Verstand überlistet indem man alles Negative einfach ignoriert.

Wie nicht anders zu erwarten, stellen sich ICAT und CDU trotz klar gescheiterter Volksabstimmung als Sieger hin. Ganz so wie man es von schlechten Verlierern gewohnt ist. Man fühlt sich als Sieger, weil man knapp 1/5 der Berliner zu einer Ja-Stimme bewegen konnte. :rolleyes:

Damit hat Pflüger seine zweite Packung von den Berlinern erhalten. Er sollte endlich begreifen, daß ihn die Mehrheit der Berliner lieber gestern als heute oder gar morgen los wäre. Dann stellt sich für die CDU-Leute allerdings die außerordentlich schwere Frage, wen man als nächsten in den politischen Selbstmord treiben will. Mit Diepgen war nach dem Bankenskandal nix mehr zu gewinnen, Steffels scheiterte grandios und Pflüger schaffte das beinahe Unmögliche, er unterbot selbst dessen extrem mieserables Wahlergebnis. Was wird aus der CDU bloß werden, wenn die SPD einen deutlich besseren als Wowereit findet? Dann wird sie zur "C"-FDP.

Ich freue mich nun, daß die sowohl annähernd unzähligen wie auch geistlosen Werbeplakate beider Seiten endlich aus dem Straßenbild verschwinden werden. Beide Seiten demonstrierten mal wieder, dümmer gehts immer. Ich freue mich schon jetzt auf die nächsten Wahlkämpfe. :rolleyes: Vielleicht könnte sich die Springerpresse irgendwann mal dazu herablassen, wenigstens ansatzweise neutral zu berichten anstatt Wahlkampf für ihre geliebte CDU zu machen.
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