Wer soll denn glauben, daß sich Berlin-Touristen im äußersten Stadtrand Berlins einquartieren, von dem aus sie jeden Tag 2 Stunden brauchen um ins Zentrum der Stadt und wieder zurück zu kommen? Und Naturliebhaber werden wohl auch andere Ferienorte bevorzugen. Nichts gegen die Müggellandschaft, die in Berlin ihres gleichen sucht, aber im Brandenburger Umland und unzähligen Orten anderswo in Deutschland gehts unbestreitbar sehr viel idyllischer zu. Auch die ungewöhnlich großen Wohnflächen deuten stark darauf hin, das hier eine kleine Villensiedlung im größten (?) zusammenhängenden Landschafts- und Naturschutzgebiet Berlins unter falschen Voraussetzungen entstehen soll um ordentlich Kasse auf Kosten der Allgemeinheit zu machen.
Ermöglicht wurde dies überhaupt erst durch eine reichlich dubiose Entscheidung im Jahr 2006, als der Flächennutzungsplan geändert wurde. Die ursprüngliche Darstellung der Fläche als Wald ließ die Bebauung nicht zu, also wurde ein Änderungsverfahren durchgeführt, wodurch die Fläche in Grünfläche mit der Zweckbestimmung "Wassersport" umgewidmet wurde.
Umwidmungen von Flächen betreibt das Bezirksamt sehr gerne. Der Berliner Senat macht dabei allerdings gerne mit. Mal um Bebauung zu beschleunigen bzw. hinderliche Vorschriften zu umgehen wie beim Hellwegebaumarkt an der Friedrichshagener Straße, der so in Rekordzeit errichtet werden konnte oder um Baumaßnahmen überhaupt erst zu ermöglichen wie im Fall des sehr umstrittenen Gebäudes am Frauentog bei dem stur und gegen alle Regeln der Vernunft vom Bezirk ein Gebäude in einer Grünanlage errichtet wurde, ohne über Planungssicherheit für die Gesamtanlage zu verfügen (siehe: Streit um Seebrücke geht weiter).
Die beigefügte Zweckbestimmung "Wassersport" kann ich mir wie diverse Entscheidungen des Bezirksamtes, selbst nachsichtig betrachtet, nicht einmal mit geistigem Totalversagen im Moment der Abstimmung erklären, da Wassersport dort aus Naturschutzgründen nicht gestatte ist und sich daran auch nichts ändern wird. Hält man uns durch die Bank weg für Volltrottel oder ist das ein großer Feldversuch, bei dem untersucht wird, wie weit man gehen kann bevor sich Volkes Frustration und Politikverdrossenheit in schwer zu bändigenden Zorn verwandelt?
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Zusammengefaßt und erläutert wurde das Vorhaben zuletzt im:
hier mit Querverbindung (Link) zu den Dokumenten
Vorhabenbezogenen Bebauungsplan 9-27 VE ("Rübezahl")
hier: Einleitung des Planaufstellungsverfahrens
Drucksachen-Nr.: VI/0988
(http://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/bvv-online/vo020.asp?VOLFDNR=3156)
Bezirksamtsvorlage Nr. 293/2009 zur Beschlußfassung in der Sitzung des Bezirksamtes Treptow-Köpenick am 27.01.2009 mit den Anlagen 1-3
Anlage 1: Skizze des Gebietes mit diversen Gebäuden, die längst abgerissen sind (Pseudo-Ist-Zustand)
Anlage 2: ausführliche Erläutungen zum Vorhaben inkl. gesetzlicher Bestimmungen, Regelungen, Analysen etc. (7 Seiten)
Anlage 3: Lageplan, grafische Darstellung des geplanten Bebauung, Stand: 21.06.2008
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Ich zitiere und kommentiere nun einige interessante Passagen der vorgenannten Dokumente des Bezirksamts:
Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge die vom Bezirksamt in seiner Sitzung am 27.01.2009 beschlossene anliegende BA-Vorlage Nr. 293/09 über die Einleitung des Planaufstellungsverfahrens zum vorhabenbezogener Bebauungsplan 9-27 VE ("Rübezahl") zur Kenntnis nehmen.
Berlin, den 04.02.2009
Unterschrift Gabriele Schöttler
Bezirksbürgermeisterin
Unterschrift Rainer Hölmer
Bezirksstadtrat für Bauen und Stadtentwicklung
Das bedeutet, daß die BVV hier lediglich informiert wurde, und über keine Entscheidungsbefugnis verfügte.
Die Vorlage des Bezirksamtes war auch dem „Ausschuss für Kultur, Wirtschaftsförderung und Tourismus“ sowie – federführend – dem „Ausschuss für Stadtplanung und Verkehr“ zur Beratung zugeleitet worden. Letzterer wartet nun auf die Ergebnisse der beiden mitberatenden Ausschüsse, setzt sich dann unter dem besonderen Aspekt „Stadtplanung“ mit dem Vorhaben auseinander und erarbeitet eine Beschlussempfehlung für das Bezirksamt. Diese wird dann in der BVV zur Abstimmung gestellt.*1
Es gilt also zu hoffen, daß sich eine deutliche Mehrheit in der BVV dagegen ausspricht, so daß die Bezirksbürgermeisterin und der Bezirksstadtrat die Sache nicht einfach abzeichnen, weil man sich innerhalb der Fraktionen nicht einig wird.
Die Vergangenheit hat leider wiederholt gezeigt, daß die SPD Fraktion mehrheitlich solche mieserbalen Vorhaben durchwinkt, so daß es sehr darauf ankommt, daß man sich in der Fraktion der Linken und auch bei der CDU weiterhin sehr deutlich gegen dieses mieserable Konzept positioniert. Die Grünen sind ohnehin dagegen.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang, daß die Fraktion Die Linke im Jahr 2006 der oben erläuterten dubiosen Umwidmung der Fläche zugestimmt hatte. Wir müssen also hoffen, daß hier die Vernunft und der Anstand, also die Tatsache, daß man auch klüger werden kann und dadurch irrsinnige Entscheidungen der Vergangenheit durch korrigierend wirkende in der Gegenwart und Zukunft halbwegs wieder in Ordnung bringt, anstatt weiter dumme Entscheidungen zu treffen, nur weil man in der Vergangenheit in der gleichen Angelegenheit schon einmal versagt hatte.
Als Planungsziele werden die in der Anlage 2 benannten Inhalte bestimmt.
Es geht also längst nicht mehr darum etwas zu planen, sondern die abgeschlossene Planung in die Tat umzusetzen.
Ziel des aufzustellenden Bebauungsplans ist die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Sicherung und Entwicklung des Areals als Sondergebiet, das der Erholung dient, gem. § 10 BauNVO.
Es soll im Naturschutzgebiet eine Sonderzone realisiert werden um vorgeblich Ferienhäuser zu errichten statt für einen Lückenschluß im Wald zu sorgen. Im Paragraph 10 BauNVO (Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke) heißt es dazu im betreffenden Abschnitt:
Zitat: "(4) In Ferienhausgebieten sind Ferienhäuser zulässig, die aufgrund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt sind, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Im Bebauungsplan kann die Grundfläche der Ferienhäuser, begrenzt nach der besonderen Eigenart des Gebiets, unter Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten festgesetzt werden."
Diesen Paragrapen zu mißbrauchen empfinde ich als heikel bis dreist, da die vorgesehene Größe der Häuser kaum dazu geeignet ist, als Ferienhäuser zu dienen sondern vielmehr als fester Wohnsitz. Gemäß dieses Paragraphen wären alternativ, wenn es denn so vorgesehen wäre, was es hier offiziell nicht ist, maximal noch Wochenendhäuser machbar, aber auch dies wäre bei der Größe der Häuser bei diesem Gesetzestext aussichtslos. Im Bezirksamt müßte die Fläche also abermals noch wohnsiedlungsfreundlicher und damit natur- und landschaftsschutzunfreundlicher umgewidmet werden.
Verordnung über den gemeinsamen Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum Brandenburg - Berlin (LEP eV) vom 02. März 1998 (GVBl. S. 38)
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Für den Standort Rübezahl stellt der LEP eV Freiraum mit besonderem Schutzanspruch dar. D.h., dass die Belange von Natur und Landschaft und die Sicherung und Entwicklung der Freiraumfunktionen einschließlich Land- und Forstwirtschaft Vorrang haben.
Ich sehe hier einen krassen Widerspruch zwischen dem was durch die Müggelseeterassen Rübezahl GmbH beabsichtigt wird und dem was durch den Landesentwicklungsplan verordnet wurde. Der LEP eV verträgt sich ganz und gar nicht mit dem Bau solcher Häuser in Naturschutzgebieten.
Praktisch würde man genau das Gegenteil machen! Es ist doch wohl kaum unser soziales und wirtschaftliches Bedürfnis, daß wir durch die Natur spazieren und Wald und Müggelsee genießen und plötzlich vor großen Wohnhäusern stehen anstatt Eichhörnchen durch die Gegend flitzen zu sehen. Es ist ungleich erholsamer durch einen Wald zu latschen ohne rechts des Weges riesige Häuser innerhalb eines umzäunten Gebietes im Blickfeld zu haben.Das Plangebiet ist zudem als Teil eines Entwicklungsraums Regionalpark dargestellt (Regionalpark Müggel-Spree). D.h., dass hier sowohl die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der ansässigen Bevölkerung als auch die Ansprüche als ökologischer Ausgleichsraum sowie Erholungsraum zu berücksichtigen sind.
Auch dieses Landschaftsprogramm ist mit dem Bau dieser "Ferien"siedlung nicht in Einklang zu bringen.Ziele des Landschaftsprogramms einschließlich Artenschutzprogramm für Berlin in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 1994 (ABl. S. 2331), zuletzt geändert am 27. Juni 2006 (ABl. S.2350)
- Landschaftsbild
Wald: Entwicklung und Erhalt der Waldbestände, verringerung der Belastung durch privaten Kfz-Verkehr
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- Erholung und Freiraumnutzung:
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Erholungswald: Auslagerung störender und untypischer Nutzungen, Sicherung und Entwicklung eines vielfältigen, mehrstufigen standortgerechten Waldes
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- Naturhaushalt Umweltschutz
Lage im Vorranggebiet Boden-, Grundwasser- und Klimaschutz: Vermeidung bzw. Ausgleich von Bodenversiegelungen, Schonung des natürlichen Bodenaufbaus...
Abgesehn davon, daß Marienlust längst Geschichte ist, die Gaststätte Teufelssee ebenfalls und sich beim Müggelturm weiterhin nichts tut und die Entwicklung in diesem Korridor somit mit Renaturierung gleichzusetzen ist auch wenn es damals vielleicht anders gedacht war, frage ich mich, wie das planerisches Ziel zur Sicherung der Erholungsversorgung mit dem Ziel der GmbH (Wohnhäuser in den Wald bauen) im Einlang stehen soll. Auch hier sehe ich nur Widersprüche.Gesamtkonzeption Müggelsee - Langer See - Dämeritzsee (BA-Beschluss Nr. 205/03, vom 08.07.2003)
Planerisches Ziel der Konzeption ist die Sicherung der Erholungsversorgung unter Beachtung des Natur- und Landschaftsschutzes.
Der Standort Rübezahl hat auf Grund seiner Lage am touristischen "Entwicklungskorridor Marienlust - Müggelturm-Areal - Rübezahl" eine übergeordnete Bedeutung. Daher ist die Entwicklung einer freizeitorientierten erholungsbetonten Nutzungsmischung zu fördern.
Dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung: Wovon hat die Allgemeinheit wohl mehr, von Wald und Wiesen oder von einem umzäunten sehr eng bebauten Gebiet mit unzähligen Häusern? Man kann kaum glauben, daß die zitierten Zeilen wie all die anderen auch, eigentlich dazu dienen sollen, das Bauvorhaben zu rechtfertigen und juristisch abzusichern. Statt dessen ließt es sich wie ein Katalog, der diverse Gründe auflistet, die sich gegen das Bauvorhaben richten. Nirgends in all dem Text der voll geschriebenen A4-Seiten findet sich auch nur eine Passage mit Argumenten, die man als ernsthaftes Argument für die Bebauung ansehen kann.Intention des Bebauungsplans
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan soll einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dienen und eine dem Wohle der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Die Intention des Bebauungsplans besteht in der Sicherung des Standortes Rübezahl für die Naherholung, Freizeit und Tourismus unter Beachtung von Natur-, Landschafts- und Gewässerschutz.
Bitte was für eine Halle, so abseits vom Schuß inmitten eines weitläufigen Waldgebietes? Hier interessieren mich genauere Angaben.Zur Steigerung der Attraktivität des Standortes sind jedoch Erweiterungen hinsichtlich des Nutzungsangebotes in der geplanten Halle für Sport- und Spielaktivitäten vorgesehen.
Leiden die Parkplätze am Müggelheimer Damm unter einer Dauerbelastung? Haben die armen Parkplätze seelische oder körperliche Schmerzen? Das Wort "entlasten" ist in diesem Zusammenhang der Brüller schlecht hin.Zusätzlich soll auf dem Grundstück eine Stellplatzanlage für 66 PKW errichtet werden, die für die Besucher der Gaststätte "Rübezahl" vorbehalten sein und die öffentlichen Stellplätze am Müggelheimer Damm entlasten soll.
Fazit:
Es soll mal wieder auf Kosten der Allgemeinheit der große Reibach gemacht werden. Wenn Ihr was dagegen habt, daß diese Fläche in eine für die Allgemeinheit völlig nutzlose und in einem Waldgebiet störende umzäunte Villensiedlung verwandelt wird, dann setzt euch mit euren Volksvertretern im Bezirk in Verbindung, egal ob persönlich, telefonisch, per Email, Brief oder sonstwie und sorgt so dafür, daß sich diese klar gegen diesen Unsinn positionieren und helfen, diesen Mist zu verhindern.
So ganz von sich aus würden es eventuell nicht genug machen.
*1: unveränderter Auszug aus einem Artikel von Peter Leiß, Umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der BVV in "blättchen Treptow-Köpenick", Ausgabe Nr. 148, Donnerstag, 02. April 2009, Zeitung des Bezirksvorstandes und der BVV-Fraktion DIE LINKE. Treptow-Köpenick (nachzulesen im Internet unter: http://www.dielinke-treptow-koepenick.d ... ril_09.pdf)