Personalmangel bei der Feuerwehr
Gewerkschafter: Wegen Rückgangs auf 600 Einsatzkräfte in ganz Berlin kommen Retter immer späterVon Michael BehrendtBerlins Feuerwehrleute schlagen Alarm: Wegen Personalmangels sei es nicht mehr möglich, mit der notwendigen Schnelligkeit am Einsatzort zu sein. Waren zu Mauer-Zeiten 740 Feuerwehrleute allein für West-Berlin zuständig, so sind es jetzt 600 für die gesamte Hauptstadt.Lage und Stimmung bei der Berliner Feuerwehr sind dramatischer als angenommen. "Wir sind wegen Personalmangel und dem Wegfall von Technik nicht mehr in der Lage, mit der notwenigen Schnelligkeit an den Einsatzorten zu erscheinen", zieht Klaus Krzizanowski im Gespräch mit der Berliner Morgenpost eine erschreckende Bilanz. Krzizanowski ist bei der Gewerkschaft der Polizei für die Feuerwehr zuständig. Von der Basis kommen ebenfalls Besorgnis erregende Töne. Von Überarbeitung, psychischen Problemen, Alkoholismus und zerrütteten Ehen ist die Rede.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Waren zu Mauer-Zeiten noch 740 Feuerwehrleute nur für West-Berlin zuständig, so sind es jetzt 600 Beamte für die gesamte Hauptstadt. "Unsere Leute arbeiten durchschnittlich 55 Stunden in der Woche. Und die Belastung wird zunehmen, wenn der Senat uns weiterhin Stellen streicht", sagt Krzizanowski. Die eiserne Regel, dass bei einem Brand innerhalb von acht bis zwölf Minuten zwölf Mann am Einsatzort sein müssen, hat keine Gültigkeit mehr. "Das ist bei der jetzigen Personalsituation nicht mehr machbar", sagt der Gewerkschafter.
Ähnlich schlecht steht es um das Gebot, in sechs bis acht Minuten mit einem Rettungswagen bei Kranken oder Verletzten zu sein. "Wegen des mangelnden Personals sind die wenigen Kräfte gebunden, wenn sie im Einsatz sind. Kommt dann ein weiterer hinzu, verzögert sich die Einsatzkette. Irgendwann wird ein Mensch sterben, weil wir nicht rechtzeitig bei ihm sein konnten", sagt ein Feuerwehrmann.
Die Stimmung in den Wachen ist nach Aussagen vieler Feuerwehrleute schlecht. "Wir sind teilweise am Ende. Die Arbeit wird mehr, man streicht unsere Gehälter zusammen. Und für gerade mal 1900 Euro durchschnittlich sollen wir im wahrsten Sinne des Wortes durchs Feuer gehen und unser Leben riskieren", so ein Feuerwehrmann. Unterbesetzung und Frust über geringere Einkommen bei gleichzeitiger Mehrbelastung führten seiner Ansicht nach zu Spannungen in den Familien.
Bestes Beispiel sei die Wache Köpenick. "18 Beziehungen sind da bereits kaputtgegangen, weil die Männer erschöpft sind und sich nicht mehr am Familienleben beteiligen können", berichtet er. Ein Streik aber käme für ihn nicht in Frage, "weil es unsere Berufung ist, Menschen zu retten. Und das nehmen wir sehr ernst." Doch gebe es Überlegungen, dass eine Abordnung vor dem Roten Rathaus in den Hungerstreik treten könnte, um auf die dramatische Lage bei der Feuerwehr aufmerksam zu machen.
Quelle:
Berliner Morgenpost